Ein guter Freund sagte gestern zu mir: „Ich weiß nicht, was ich tun soll, wenn ich aufgrund der Verordnungen schon wieder zu Hause bleiben muss. Und dann noch an Weihnachten, wo ich meine Familie, meine Verwandten und Freunde sehen und umarmen will. Die Wohnung ist aufgeräumt, geputzt und alles ist an seinem Platz. Jetzt sitze ich in meinem Lieblingssessel, lese bereits das 5.Buch und es wird mir langsam langweilig. Und ich fühle mich alleingelassen und einsam.

Im Grunde liegen meine Nerven blank, draußen herrscht eine fühlbare Gewaltbereitschaft und eine stark wahrnehmbare, oft diffuse Angst. Und diese Angst ist nun auch in mir, was hat dies alles denn mit dem Fest der Liebe zu tun?“ Also sprachen wir vor allem über seine Langeweile und seine Angst und fanden heraus, dass es nicht die Langeweile in der Umgangssprache ist, vielmehr die „lange Weile“, die ihn nun beschäftigt. Er hat sich damit auseinandergesetzt, dass diese lange Weile nicht anderes ist, als dass er viel Zeit für sich bekommen hat. Er darf also bei sich verweilen. Und jetzt?

Er spürte seine Angst vor der Langeweile. Jene Angst vor der Einsamkeit, vor dem Verlassenwerden, vor dem Nicht-Wahrgenommen-Werden, vor dem Nichtstun, vor einer gewissen Sinnlosigkeit. Er meinte, dass will ich nicht hin, weil er auch Angst hat vor dem Schmerz oder der Trauer, die sich hinter der Angst verbergen könnte. Dies sei er nicht gewohnt und er wolle den Kontakt dorthin nicht. Auf einmal merkte er, dass er sich vor allem durch diese verordnete Distanz an Weihnachten wie ein eingesperrtes Tier fühlt, das verwundbar, sensibel und berührbar ist. Es versuchte alles, um seine Fassade aufrecht zu erhalten. Er traute sich zunächst nicht, den Weg der Angst zu gehen. Zu groß war sein Unbehagen und seine Unsicherheit. Also wollte er zunächst lieber dort bleiben, wo er sich gerade befand, nämlich einen Schritt vor der Angst selbst.

Wir Menschen sind soziale Wesen und wünschen uns nichts anderes als tiefe, liebevolleBegegnungen. Er entschied sich, sich nicht mehr mit diesen Belastungen der aktuellen Zeit auseinander zu setzen, vielmehr für die Angst berührbar zu werden. Im Grunde entschied er sich nun, den Weg der Angst doch zu gehen, um seine sinnlosen Ängste zu überwinden. Er fühlte, dass er hierdurch auch seine Furcht vor dem Unbekannten berührte und diese Erkenntnis brachte ein Leuchten in seine Augen. Er erinnerte sich, dass er ohne Furcht war, als er als Kind mit großen leuchtenden Augen den Weihnachtsbaum im Wohnzimmer ansah. Ein wirkliche Berührung in der Liebe. Er entschied sich für den Weg eines berührbaren, verwundbaren und sensiblen Menschen.Weihnachten ist also doch das Fest der Liebe.

In diesem Sinne ich allen von Herzen ein besinnliches Adventswochenende und eine gesegnete Vorweihnachtszeit.

Alles Liebe Michael